Ein Monat in: Kalifornien

sonniges Kalifornien

Wow – ist das groß hier! Hatte ich fast vergessen. Dass alles in USA überdimensioniert ist. Die Häuser, die Kühlschränke, die Marmeladegläser. Die Bäume – Redwoods, die weit hoch in den Himmel ragen und deren Stamm dreimal so stark ist wie der einer altehrwürdigen deutschen Tanne. Die Autos – die Vierrädrigen-Monster, die sich in den schmalen Straßen des Münchner Glockenbachviertels verirren und fast stecken bleiben – diese Monster sind in Kalifornien ganz normal.

Kalifornien zu Fuß | Los Gatos

Ok, was mache ich, wenn ich irgendwo neu bin: Ich erkunde meine Umgebung. Am liebsten zu Fuß. Meine Freunde leben in den Bergen des Silikon Valleys oberhalb von San Jose. Eingebettet in duftenden Wald, der – wenn man ein bisschen still hält – mit Vögeln zwitschert, durch Eichhörnchen knistert und vom Wind bewegt knarzt. Also raus in die Natur – spazieren gehen. Was ich finde ist ein alter Highway, dessen Kurven eng und unübersichtlich sind. Kein normaler Mensch würde hier spazieren gehen. Klar. Schon wieder vergessen? Ok, ich werde also eine andere Form der Erkundung finden. Wie wäre es mit dem Auto?

Grafitti in Sonoma | Kalifornien

Andere Länder, andere Sitten. Ist ja nix neues. Ich schmunzle über mich, weil ich meine amerikanische Umgebung erobern möchte, als ob ich in Europa in einer Stadt gelandet bin. Bin ich aber nicht. Also – reset. Neu denken. Genau das ist ja der Grund, warum ich es genieße, immer wieder wo anders zu sein. Weil der Kopf sich drehen muss. Die Wahrnehmung verändern und die meisten Routine-Abläufe über den Haufen geworfen werden dürfen.

Los Gatos | Kalifornien

Trotzdem bleibe ich die erste Woche meist zu Hause. Genieße meine neue Umgebung, arbeite tagsüber und freue mich über die gemeinsamen Abende mit meinen Freunden, in deren großen Haus ich wohnen darf. Ein richtiger Stubenhocker bin ich.

Berge oberhalb von Los Gatos | Kalifornien

Meine ersten Fahrten als Beifahrer schockieren mich fast ein bisschen. Hier ist gar nichts tiefenentspannt, wie ich es sonst von ausladenden Highways in USA kenne. Aus den Hügeln über der Bay Area, stürzt sich eine kleine kurvige Straße ins Tal. Ähnlich turbulent wie bei einer Achterbahn fliegen die Autos eng aneinander über die holprige Straße. „Go with the flow“ – und der ist rasant! Zu rasant für meinen Geschmack.

alles gross hier | Fruehstueck in Sonoma

Zuhause bevorzuge ich meinen Flitzer auf zwei Rädern mit einer PS. Muss ich dort auf vier Räder umsteigen, so ist das ein knuffig kleiner VW Up, mit dem ich durch die verstopften Straßen Münchens schnecke. Hier habe ich 400 PS unter dem Hintern. 400! Die Marke ist mir heimatlich vertraut. Doch das kraftvolle Röhren beim Anlassen des BMWs lässt mich jedes Mal aus dem Ledersitz hoch schrecken. Was soll ich sagen – die Amis mögen es groß!

Winzerei Cline | Sonoma Valley, Kalifornien

So. Montag. Eine Woche vor Ort. Einen wunderschönen Ausflug ins Sonoma Valley gemacht. Reset für die kommende Woche. Jetzt will ich es anders machen. Trotz meiner guten Vorsätze gelingt es mir nicht. Das Verrückte ist, ich kann mir nicht erklären warum. Ich finde tausend Kleinigkeiten die mich erstarren lassen. Meine Neugier und meine Power sind wie gelähmt. Das Gefühl der Überforderung bleibt. Ich bin hier nicht richtig. Es fühlt sich einfach falsch an, hier zu sein.

Los Gatos | Kalifornien

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gerne bei meiner Freundin wäre. Ihr Papa hat vor meinem Abflug eine schlimme Diagnose bekommen. Vielleicht schafft er Weihnachten nicht mehr. Montag Mittag lese ich ihre schockierende Nachricht: Ihr Papa ist gestorben. Für mich ist klar. Ich will bei ihr sein. Auch wenn mich im tristen Deutschland-November viele um die Sonne Kaliforniens beneiden, ich bin hier falsch. Ich buche meinen Flug um und sitze zehn Tage nach meiner Ankunft im Silicon Valley wieder zurück im Flieger nach Deutschland und dann auf dem Weg zu ihr.

Los Gatos | Kalifornien

Verstehen tue ich es selbst nicht wirklich. Ich weiß nur, jetzt fühlt sich richtig an. Ich hatte Zeit mit meinen Freunden. Ein bisschen ihr Leben mit ihnen geteilt – eine Woche und zwei Tage. Jetzt kann ich zu meiner Freundin. Einfach bei ihr sein. Da sein. Bisschen kochen und am Küchentisch reden. Über schönes und trauriges. Dafür sind Freunde da. Und ich hoffe, dass ich ihr ein klein bisschen das sein kann, was sie für mich war, als ich sie so sehr brauchte.

Charles Schulz Museum | Kalifornien

Tja. So wird mir Kalifornien bis heute ein Rätsel und weitgehend unbekannt bleiben. Ich bin dankbar, dass ich nicht dort leben muss. Silikon Valley empfinde ich als ein Tal voll Arbeitsdruck. Von den Bergen stürzen sich die Menschen herunter und reihen sie in endlose Staus ein, die dort Normalität sind. Stoßstange an Stoßstange. Eine Gegend voll mit roten Bremslichtern.

Golden Gate Bridge | San Francisco

Übrigens: Wenn du wissen willst, was eine Auszeit, bei der man sich aus dem eigenen Alltag raus nimmt, mit einer schamanischen Visionssuche gemeinsam hat, dann lies gerne hier nach: verakubeile.com

Infos:

Weinprobe | Sonoma Valley

In der Kellerei Cline wird am Wochenende Wein zum Probieren in einem wunderschönen Ambiente ausgeschenkt. Die kostenlose Tour über das Gelände ist ebenfalls spannend. Es wird kein Eintritt verlangt, jedoch sollte jeder Besucher eine Flasche Wein im Anschluss kaufen. Mehr als fair!
https://clinecellars.com/

Charles Schulz Museum | Santa Rosa

Von Sonoma sind es rund 45 Minuten (30 Meilen) mit dem Auto nach Santa Rosa. Dort verbrachte der Vater der Peanuts einen großen Teil seines Lebens und zeichnete die Geschichten rund um Charlie Brown, Snoopy, Lucy und ihre Freunde. Das Schulz Museum ist toll gemacht und zeigt das Genie, die Kreativität und den Arbeitseifer von Charles Schulz. Absolut sehenswert!
https://schulzmuseum.org/

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