Kolumbien: Amor de mi vida

Villa de Leyva | Kolumbien

Ich habe sie noch nicht wirklich durchschaut – die „amor Colombiana“ – die kolumbianische Liebe. Jeder wird hier mit „amor“ oder „corazon“ angesprochen. „Bendiciones“ – wörtlich „Segnungen“ – und gute Wünsche werden einem überall mit auf den Weg gegeben. Es gibt sogar eine eigene Verbform im Spanischen, die Wünsche zum Ausdruck bringt.

Villa de Leyva | Kolumbien

Das ganze Land prickelt nur so mit Lebensfreude und guter Laune. Man trifft sich meist auf dem Hauptplatz – dem Plaza Major – auf einen Ratsch, um eine kleine Pause zu machen und natürlich zum Kucken.

Villa de Leyva | Kolumbien


Gekuckt wird auf die runden Hintern, die knack-engen Verpackungen der Frauen, die ihre Reize deutlich zur Schau tragen. Würde frau bei uns versuchen, ihre Speckröllchen mit Kleidung zu kaschieren, tragen die Damen hier jedes Gram wie Kilogramm stolz zur Schau. Ein oder zwei Speck-Rollen? Wurscht! Hauptsache das T-Shirt sitzt eng genug, dass man jede einzelne Rundung und weiche Bewegung in ihrer vollen Pracht bemerkt.

Die sexuelle Energie, die das im ganzen Land verbreitet, ist förmlich greifbar. Mich haben die Frauen so gefesselt, verblüfft und begeistert, dass ich mich im Nachhinein gar nicht mehr erinnern kann, wie die Männer ihre Reize aussenden. Vielleicht lag das auch daran, dass die meisten unter meinem 1,80 Meter Radar verschwinden. Während die betörend runden Hintern nicht zu übersehen sind.

Santo, der über Villa de Leyva blickt

Ein Mann hat meinen Radar aber trotzdem erfasst. Oder sollte ich sagen – er hat mich abgefangen. Nach einer kleinen Wanderung zum Heiligen, der das Örtchen Villa de Leyva überblickt, ist mir auf dem Rückweg eine lustige Truppe aufgefallen. Ein ganzer Haufen an Freunden saß draußen vor einem Tante Emma Laden, der offensichtlich Bier verkaufte.

Hauptplatz von Villa de Leyva | Kolumbien

Ohne großes Aufheben wurden die Bierkästen vor den Laden gestellt, die Freunde drum herum gruppiert, eine Lautsprecher Box aufgestellt, Musik gespielt, gequatscht, getanzt, gelacht.

Beim Vorbeigehen grinsend von der guten Laune angesteckt – fand ich mich auch schon eingehakt und abgefangen von Diego wieder. Mit einem gewinnenden Lachen drückte er mir eine Bierflasche in die Hand. Sofort war ich in der Gruppe dabei und wurde den Freunden aus dem Kreis vorgestellt. Jeden Sonntag würden die Männer hier Fußball spielen und den Tag mit ein paar fröhlichen Bierchen abrunden. Dass der Abend schon eine Weile dauerte merkte man an der ausgelassenen Stimmung.




auf dem Weg zum Santo de Villa de Leyva

Diego, so meinte er, suche die „amor de su vida“ – die Liebe seines Lebens. Dachte ich verstanden zu haben. Nein, wiederholte er, die „amor de su visa“. Aha, begriff ich. Einen anderen Reisepass, der besser als der kolumbianische sei, weil man mit dem kolumbianischen in vielen Ländern ein aufwändiges Visum braucht.

Ach so, dachte ich und spielte mit. „Na dann bin ich ja genau richtig, denn die deutsche Staatsangehörigkeit eignet sich prima zum Reisen.“ Wir haben das Glück, mit unserem Pass einen der wenig begünstigen Pässe der Welt zu besitzen, für den die meisten Länder keine Einreisegenehmigung verlangen.

„Wir könnten den Sommer ja in Deutschland verbringen und den Winter hier in Kolumbien,“ war mein Vorschlag. „Ja prima,“ meinte er, aber wir müssten noch zwei Jahre warten, denn seine kleinste Tochter sei erst 8 Jahre alt und er könnte erst für längere Zeit weg bleiben, wenn sie 10 Jahr alt wäre. Die anderen beiden Kinder seien schon alt genug.

Villa de Leyva | Kolumbien

Seine Kinder seien ihm sehr wichtig und er hätte Freude daran, Zeit mit ihnen zu verbringen. Etwas, was ich in Kolumbien immer wieder gehört habe. Genau so gängig, wie viele Männer mehrere Kinder mit unterschiedlichen Frauen haben, genau wie natürlich anders herum. Ich sag ja – die sexuelle Energie ist stark in Kolumbien.

Villa de Leyva | Kolumbien

Ach ne, meinte er nach einer Weile – er braucht eigentlich kein Visum. Er liebe sein Land, er habe hier ein eigenes Geschäft und es kämen doch Menschen aus der ganzen Welt hier nach Villa de Leyva so wie ich. Und solange das so sei, wäre er hier doch ganz glücklich.

Villa de Leyva | Kolumbien

Der Abend wurde kühler und ich fand mich in einer von Diego organisierten langen Sporthose wieder, weil meine Beine in der kurzen Hose zu frieren begannen. In der Zwischenzeit kam eine Lieferung mit neuen Bierkästen, die kurzerhand mit helfenden Händen in dem Laden deponiert wurden.

Villa de Leyva | Kolumbien

Die Party begann sich nach drinnen zu verlegen. Aus dem eingehakten Arm Diegos wurde eine festere Umarmung und der Versuch mit mir Tanzen zu wollen. So sehr ich die lateinamerikanische Musik mag, so unfähig bin ich leider noch immer, mich dazu leichtfüßig und sanft zu bewegen wie die Menschen, die es von Klein auf gelernt haben. Vielleicht fehlt mir der sehr runde Hintern und die lässigen Speckröllchen dafür? Vielleicht die lockere Coolness? Na ja. Ich fand der Abend war sehr nett, lustig und lange genug. So löste ich mich von der Nähe seines schönen Körpers. Nicht zuletzt deshalb, weil der Alkohol bei ihm seine kecke Wirkung entfaltete und ich nicht doch die „amor de su visa“ sein wollte.


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